Thema des Projektes ist die Entwicklung von wesentlichen mikrosystemtechnischen und mikroelektronischen Komponenten und Bauformen für den Aufbau eines vollständig in den Schädel implantierbaren, vielkanaligen Systems mit drahtloser Energie- und Signalübertragung zur sicheren elektrophysiologischen und neurochemischen Langzeitüberwachung und elektrischen Modulation der Hirnfunktion. Das modulare, multifunktionale Implantatsystem ermöglicht in seinen späteren Ausführungsformen die intrakranielle Langzeit-EEG-Messung, die Vielkanal-Mikrostimulation sowie die elektrochemische Detektion neurochemischer Substanzen.
Die Messung der elektrischen Aktivität des Gehirns, die sogenannte Elektroenzephalografie (EEG), ist eine Standardmethode zur Diagnose und Überwachung von Störungen des Zentralen Nervensystems. Beispiele sind Epilepsie, Schlafstörungen und durch Hirnläsionen bedingte Bewusstseinsstörungen. Der in der klinischen Erprobung befindliche Einsatz von Brain-Computer-Interfaces zur Rehabilitation bei motorischen Funktionsstörungen basiert ebenfalls auf Registrierung von Elektroenzephalogrammen (ebenfalls EEG abgekürzt). Die genaue Epilepsiediagnose erfordert eine kontinuierliche EEG-Messung über mehrere Stunden bis Wochen. Die Aufzeichnung kann stationär oder telemetrisch bei teilweiser Bewegungsfreiheit innerhalb einer Station erfolgen. Im Rahmen der prächirurgischen Epilepsiediagnostik bei Patienten mit medikamentenresistenten Epilepsien werden auch invasive Ableitungen mit implantierten Elektroden durchgeführt, um zusätzliche Informationen über die räumliche und zeitliche Entwicklung der epileptischen Entladungen zu erhalten. Während der im Durchschnitt 7 bis 14 Tage dauernden invasiven Ableitung befinden sich die Patienten in einer Intensiv-Monitoringeinheit. In dieser Zeit besteht ein erhöhtes Komplikationsrisiko (Infektionen, Blutungen) aufgrund des Einbringens der Elektroden und der bestehenden Ausleitung von Kabelverbindungen durch Schädel und Haut nach aussen. Längerdauernde EEG-Ableitungen sind aus ärztlicher Sicht zwar wünschenswert, aber mit dem heutigen Stand der Elektroden- und Ableittechnik oft nicht durchführbar.
Neuere Therapieansätze verfolgen das Ziel, die Ausbreitung von epileptischer Aktivität durch gezielte Mikrostimulation cerebraler Strukturen zu unterdrücken. Dies erfordert die dauerhafte Implantation eines Systems zur Ableitung und Stimulation der Hirnaktivität. Da neurologische Störungen auch die Folge von Störungen des biochemischen Gleichgewichts sein können, ist die Möglichkeit, die "Hirnchemie" zu messen, wünschenswert. Dies erfordert geeignete, chemisch inerte Elektroden und für den Langzeiteinsatz Implantate mit entsprechender Funktionalität.
Um die verschiedenen Aufgaben zu lösen, wird ein vollständig in den Schädel implantierbares System entwickelt. Das System baut auf Universalelektroden auf, die für verschiedene Anwendungen einsetzbar sind. Die mikrosystemtechnischen Entwicklungen umfassen die dafür geeigneten Mikroelektroden auf Kohlenstoffbasis (Carbon Nano Tubes),die in flexible großflächige Polymersubstrate integriert sind, sowie innovative mikroelektronische Ansätze für Datenerfassung und Telemetrie sowie Lösungen zur Aufbau und Verbindungstechnik. Beispielhaft für andere Anwendungen wird ein System für intrakranielle EEG-Ableitungen sowie eine geeignete Implantationsmethode entwickelt.