Sauberkeitstandards

Dr. Dagmar Martin
Gruppenleiterin Grenzflächenanalytik im Produktionsprozess

Sauberkeit spielt in der Endreinigung von Medizinprodukten eine große Rolle, weil die Oberfläche mit der Biologie des Körpers interagiert. Aber wie sauber muss die Oberfläche sein. In einem Verbundprojekt wurden sogenannte Standardoberflächen entwickelt, mit deren Hilfe Oberflächen objektiv hinsichtlich ihrer Sauberkeit bewertet werden können.

Das Hauptziel des Verbundvorhabens war die Erarbeitung von Grundlagen für eine objektive und damit belastbare Bewertung des Reinigungszustandes von Implantatoberflächen nach der Endreinigung in der Fertigung, da für eine objektive Beurteilung der Sauberkeit von Oberfläche weder Normen noch eingeführte Standards zur Verfügung stehen. In vielen Fällen beschränkt sich deshalb die Charakterisierung der gereinigten Oberfläche, neben einer rein visuellen Prüfung, auf die Angabe einer totalen Kohlenstoffkonzentration (TOC), die über ein Eluat von der Implantatoberfläche gewonnen wird. Dieses extraktive Verfahren zeigt aber nur, was von der Oberfläche abgelöst wird und nicht was auf der Oberfläche verbleibt.

Keine Oberfläche ist atomar sauber. Ein erster Schritt zur Bewertung der Sauberkeit war deshalb festzustellen, wie Implantatoberflächen zusammengesetzt sind, die mit Hilfsstoffen aus der Fertigung in Kontakt gekommen sind und im Anschluss daran nach dem anerkannten Stand der Technik gereinigt wurden.

Die Ergebnisse aus den vorliegenden Untersuchungen wurden als Grundlage für die Einführung von XPS-Standardoberflächen herangezogen. Damit steht ein analytisches Hilfsmittel zur Qualifizierung der chemischen Sauberkeit von Implantatoberflächen zur Verfügung, das alle Elemente und chemischen Verbindungen in die Untersuchungen einschließt. Die direkte Untersuchung der Implantatoberfläche zeigt die tatsächliche chemische Zusammensetzung der Oberfläche und vermeidet dadurch die Unsicherheit aller Elutionsverfahren, nämlich eine mögliche unvollständige Ablösung und damit verbunden eine unvollständige Analyse der Kontaminationen. Neben der Messung der chemischen Verbindungen an der Oberfläche ist aufgrund der Quantifizierbarkeit bei XPS eine objektive Bewertung der chemischen Sauberkeit möglich.

Mit der Photoelektronenspektroskopie (XPS bzw. ESCA) in Verbindung mit der Rasterelektronenmikroskopie (REM) stehen am NMI analytische Verfahren zur Verfügung, um die Sauberkeit von Implantatoberflächen sowohl qualitativ vollständig (alle Elemente und Verbindungen) als auch quantitativ und somit objektiv zu bewerten. Da die Untersuchungen am NMI mit akkreditierten Verfahren durchgeführt werden, können die Ergebnisse den entsprechenden Qualitätsmanagementsystemen zugeführt und für die Zertifizierung der jeweiligen Produkte verwendet werden. Es wurden laufend neue Standardoberflächen entwickelt.

 

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