Minister Schmid überreicht Förderbescheid

Projekt innBW implant startet

Bioelektronische Mikroimplantate rücken immer mehr in den Fokus
der Medizin. Die fingernagelgroßen Winzlinge können das Nervensystem
lokal elektrisch stimulieren und dadurch zur Behandlung von
Schmerzen, Migräne und Depression eingesetzt werden, aber auch
bei Diabetes oder Bluthochdruck wirksam sein. Sie stehen jedoch
noch ganz am Anfang ihrer Entwicklung. Ein Forschungsverbund aus
vier Instituten der Innovationsallianz Baden-Württemberg (innBW) will
das jetzt ändern. Das Forschungsprojekt heißt „innBW implant“, ist
am 1. Juli gestartet und wird vom Finanz- und Wirtschaftsministerium
Baden-Württemberg mit insgesamt 3,65 Millionen Euro gefördert.

In Deutschland und Europa ist dies das erste Förderprogramm, das
die bioelektronische Medizin mit öffentlichen Mitteln unterstützt. So
soll im Wettlauf vor allem mit den millionenschweren Forschungsprogrammen
der USA eine gute Ausgangsposition bei der Entwicklung
dieser Medikamente sparenden Technologie sichergestellt werden.


Minister Dr. Nils Schmid überreichte zum Projektstart persönlich den
Förderbescheid und wünschte dem innBW-Forschungsverbund viel
Erfolg. Der Verbund besteht aus dem Naturwissenschaftlichen und
Medizinischen Institut (NMI) in Reutlingen, den Hahn-Schickard-
Instituten in Villingen-Schwenningen (HS VS) und in Stuttgart (HS S)
sowie dem Institut für Mikroelektronik in Stuttgart (IMS). Die Koordination
erfolgt durch das NMI. „Mit diesem Projekt sind wir in der Lage,
die Entwicklung neuer elektronischer Mikroimplantate für die Therapie
chronischer Erkrankungen deutlich voranzubringen“, freut sich
Projektkoordinator Dr. Alfred Stett über die anwendungsorientierte
Forschungsförderung.

Neue Wege zur Krankheitsbekämpfung erforschen
Das Projekt läuft 3,5 Jahre und nutzt die vielfältigen, komplementären
Kompetenzen der Partner in der Elektrophysiologie und Neurotechnologie
sowie in der Entwicklung von Mikroimplantaten, mikroelektronischen
Bauteilen und Medizinprodukten.

Ziel ist, möglichst kleine, flexible, elektrisch aktive Implantate mit integrierter
Sensorik und Aktorik aufzubauen, die geeignet sind, krankheitsrelevante
Nervensignale zu messen und therapeutisch wirksam zu modulieren. Sie können insbesondere bei der Behandlung von Stoffwechselerkrankungen wie Diabetes und zur Diagnostik, Therapie und Rehabilitation von Hirnerkrankungen eingesetzt werden. Bei der elektrischen Stimulation von Nerven, welche die Bauchspeicheldrüse versorgen, soll außerdem der Nachweis erfolgen, dass mit
einem Implantat der Regelkreis zwischen Blutzuckerspiegel und Insulinausschüttung auf technischem Wege wiederhergestellt werden
kann, um mit medizintechnischen Mitteln bestimmte Arten von Diabetes
zu behandeln. Mit den gleichen technischen Ansätzen ist die Entwicklung eines Neuroimplantats für die Therapie und Rehabilitation nach Schlaganfall und Hirnverletzung geplant.

Wirtschaftlich erschlossen werden sollen die Forschungsergebnisse
von der gut aufgestellten Medizintechnik-Industrie in Baden-
Württemberg und ihren Zulieferern. Der Nutzen für die Unternehmen
ergibt sich aus der Verwertung der Ergebnisse in weiterführenden
Projekten und Produktentwicklungen. Absicht des Projektes ist es
auch, ein Netzwerk von Firmen und Instituten mit ausgewiesener
Expertise in der Entwicklung, Herstellung und Vermarktung von aktiven
Implantaten und Komponenten der nächsten Generation zu etablieren.
So soll die Technologieführerschaft in Europa ausgebaut werden.

Lokal und ohne Nebenwirkungen behandeln
Die alternde Bevölkerung und chronische Erkrankungen stellen die
Gesellschaft vor große Herausforderungen. Gegen Schlaganfälle,
Bluthochdruck, Parkinson oder Diabetes existieren bislang keine
kausalen Therapien. Klassische Medikamente umgehen dieses Problem,
indem sie systemisch wirken. Die Folge sind Wirkungen und
Nebenwirkungen in unterschiedlichsten Gebieten des Körpers. Intelligente
Mikroimplantate erzielen dagegen nur an den Orten Resultate,
an denen die Ursache der Erkrankung liegt. Das könnte zielgerichtete
Therapien ohne Nebenwirkungen ermöglichen, die auf die
individuelle Situation des Patienten ausgerichtet sind.

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